Showabend nimmt Publikum mit auf eine spektakuläre Reise

Sanfter Nebel wabert über das Parkett, ringsherum konzentrierte Stille. Edmund Stoiber tritt ans Pult, räuspert sich kurz und setzt dann an: Ja gut, äh, er freue sich, den neuen Bahnhof in „Pittriching“ einzuweihen; wer dort einsteige, sei in zehn Minuten – ja, zehn Minuten – in München oder sonstwo. Und, äh, überhaupt. Nun ja, der echte Edmund Stoiber war es nicht, der dort in der Prittrichinger Turnhalle in legendären Worten herumfabulierte, um den Abend einzuleiten. Auch ein Bahnhof ist aktuell wohl nicht in Planung. Und doch vermochte es der Turnverein Prittriching (TVP) an diesem Wochenende einmal mehr, bei seinem traditionellen Showabend hunderte Besucherinnen und Besucher mit auf eine spektakuläre Reise zu nehmen.

Schon vor Auftakt des Auftritt-Dreierpacks – das Programm wurde jeweils abends von Donnerstag bis Samstag aufgeführt – war klar, dass die diesjährige Ausgabe eine besondere würde. Nach zwei Jahren Corona-Pause war dies der 30. Showabend – eine runde Zahl, passend zu einem runden Programm: Das Thema „Zug“ hatten sich die Prittrichinger Organisatorinnen und Organisatoren für das Jubiläum überlegt, um die Umsetzung kümmerten sich rund 140 Aktive. Alle Abende waren vollständig ausverkauft, jeweils gut 200 Personen füllten die Turnhalle, der Rahmen passte.

Und die Protagonistinnen und Protagonisten, seit Wochen im Training, lieferten. Auf die Stoiber‘schen Einlassungen folgten rund 15 Einlagen – eine abwechslungsreiche Melange aus aufwendigen Choreografien, spektakulären Kraftakten, musikalischen Verschnaufpausen und kabarettistischen Kommentaren zum lokalen Dorf-Geschehen. Viele kleine und große Highlights zogen das Publikum in ihren Bann: Da waren etwa die „Alten Turner“, die bei ihrem letzten Showabend-Auftritt die „Holzklasse“ mit Stühlen akrobatisch kurz- und kleinturnten. Neben diesem Abschied gab es auch ein Debüt: Der neu gegründete TVP-Chor unter Leitung von Benedikt Straucher hatte seinen ersten größeren Auftritt – anzuhören war ihm das nicht.

Jede Gruppe kam mit einem eigenen, kreativen Zugang zum Zug. Die verschiedenen „Haltestellen“ des Abends führten über den gesamten Globus, Schauplätze waren etwa Mexiko, Italien, der Orient, der Wilde Westen oder der raue Norden. Neben der großen Welt gab es aber auch mikroskopisch feine Einblicke – wie etwa die Tanz- und Comedy-Gruppe, die ein Kakerlaken-Kollektiv spielte. Es betrauerte zunächst den im Waggon zertretenen Artgenossen „El Kako“, um dann augenzwinkernd bis bitter-böse das Dorftreiben in Prittriching zu sezieren. Auch unverhohlene Seitenhiebe in Richtung umliegender Nachbardörfer durften da nicht fehlen. Die Zuschauerinnen und Zuschauer bekamen auch bei kleinen Zwischen-Einlagen viel zu lachen, bei Tuch- und Ring-Akrobatik viel zu staunen, dank professioneller Bühnentechnik auch Inszenierungen im besten Licht zu sehen.

Viel Spektakuläres also, gekrönt noch von einem letzten Höhepunkt zum Abschluss. Ein Zusammenschluss von Tänzern der „Dream Boys“ und aktiven TVP-Turnern verharrte in einem Video zunächst verzweifelt am Eglinger Bahnhof, fuhr zusammengepfercht nach Prittriching – und zog dann mit Retro-Trainingsanzügen bekleidet ganz leibhaftig in die Halle ein. Was folgte, war ein anspruchsvolles Repertoire mit konzentrierten Kraftakten, maximaler Körperbeherrschung und atemberaubenden Sprüngen. Noch einmal füllte tosender Applaus den Raum, bevor das charmante Moderatoren-Team Manuela Hammer und Felix Lichtenstern den Abend beschloss. So fanden drei Stunden ein Ende, wie sie kurzweiliger kaum sein können.